Nach seinem viel versprechenden ersten Album «State of Art» (2011) war man gespannt, wie sich der junge Allrounder Ben Williams weiterentwickeln würde.
In seinem zweiten, im April und September 2014 unter seinem Namen aufgenommenen Album «Coming of Age», beglückt uns nun der 1984 geborene Bassist und Komponist Ben Williams mit einer breiten Palette musikalischer Bilder und Eindrücke. Neben seinen regulären Mitmusikern Marcus Strickland (Tenor- und Sopransaxofon), Matthew Stevens (E-Gitarre), Christian Sands (Piano), und John Davis (Schlagzeug) wirken in einigen Stücken Gäste mit, die zusätzliche Farbtupfer beisteuern.
Goapele, die kalifornische Sängerin mit südafrikanischen Wurzeln leiht dem Stück «Voice of Freedom (for Mandela)» ihre
Stimme, der aus New Orleans stammende Trompeter Christian Scott haucht der Komposition «Lost & Found» neues Leben ein, der Vibraphonist Stefon Harris verleiht der Komposition «The Color of my Dreams» – zusammen mit einem Streichquartett – die Traumhaftigkeit, die uns der Titel erhoffen lässt, und auch der Rapper W. Ellington Felton gibt den Spielzeugsoldaten mit seinen Textzeilen zusätzliche Bedeutung («Toy Soldiers - Reprise»). Des weiteren unterstreicht in einigen Stücken der Spezialist elektronischer Klänge, Masayuki Hirano, mit seinen Synthesizer-Klangkreationen die Stimmung der entsprechenden Komposition.
Und inmitten all der üppigen Klänge wagt sich Ben Williams in einem Bass-Solostück an den Nirvana Klassiker «Smells Like Teen Spirit».
Bei all dieser Vielseitigkeit lässt sich «Coming of Age» in keine Schublade legen, keiner klaren Stilrichtung zuordnen. Zu vielschichtig sind die Einflüsse, die die fünf Musiker (plus Gäste) unter der Führung von Ben Williams zu einer Einheit verarbeiten. Und es ist stets ein Miteinander, ein aufeinander hören, sich gegenseitig unterstützen, zu Neuem anfeuern, was vor allem in den improvisierten Teilen überzeugend zur Geltung kommt.
Es ist bestimmt keine Musik für den Hintergrund. Man muss sich Zeit nehmen, hinhören wollen, Bilder entstehen und Gefühle hochkommen lassen. Wenn man jedoch dazu bereit ist, wird man mit phantastischen Eindrücken belohnt, mit vielseitigem, das heisst von vielen Seiten beeinflusstem Jazz, der sich am besten mit Ben Williams’ Worten charakterisieren lässt: «Das ist das Schöne an aller Musik, aber vor allem an Jazz: Es gibt keine Grenzen. Du kannst zuhause bleiben, wenn du willst, aber du kannst auch hinausgehen, in jede Richtung, soweit hinaus, wie du willst.»
Ben Williams und eine Crew.
Doch bei all den positiven Eindrücken darf man nicht vergessen, wie wichtig die Aufnahmequalität und noch wichtiger die Abmischung waren. Der Mix erfolgte in den legendären Village Studios in West Los Angeles durch Seth Presant. Er hat der kompakten und dennoch transparenten Flac 88.2 kHz/24 Bit Version den letzten Schliff erteilt, der das aussergewöhnliche Hörerlebnis erst ermöglicht.
Natürlich sind die Geschmäcker verschieden, und Jazz ist ein riesiges Spielfeld. Mich spricht Musik an, wenn sie mich berührt, Gefühle weckt, Bilder oder gar Filme in meinem Kopf erzeugt. Und all dies geschah beim mehrmaligen Anhören der Musik von Ben Williams. Es war allerdings eher Trauriges, Besinnliches, was bei mir ausgelöst wurde. Und deshalb bin ich froh, dass ich danach auch wieder etwas anspielen kann, das Freude und Spass auslöst - eben auch Jazz.
Interpret:
Besetzung:
Albumtitel:
Herkunft
Label:
Erscheinungsdatum:
Spieldauer:
Tonformat:
Musikwertung:
Klangwertung:
Rezensionsdatum:
Ben Williams
Ben Williams (bass)
Marcus Strickland (tenor and soprano saxophones)
Matthew Stevens (electric guitar)
Christian Sands (piano)
John Davis (drums)
«Coming of Age»
USA
Concord Records
17.04.2015
01:06:56
Flac 24/88.2
8
9
12. Januar 2016